Sonja KAAR (Weiz/Wien)

„Haste den H. C. jesehn?“ – Spurensuche in Berlin:             

H. C. Artmann und Gerald Bisinger Forschen im Nachlass und Archiv des LCB

Eine Spurensuche nach H. C. Artmanns Aufenthalten in Berlin führt sehr rasch zu Gerald Bisinger, der über 20 Jahre lang, zuerst als freier Mitarbeiter, danach als Angestellter im Literarischen Colloquium Berlin arbeitete. Zuerst stellt sich die Frage, was Artmann veranlasste, nach Berlin zu gehen, spricht er doch in Interviews von Berlin als seiner besten Zeit. Über den genauen Zeitpunkt der Übersiedlung Artmanns von Malmö nach Berlin gibt ein Brief aus dem Nachlass (Wien Bibliothek) Auskunft. Mit Bisinger verband Artmann eine Lebensfreundschaft, die schon in Wien begonnen hatte und in Berlin vertieft wurde. Im Nachlass von Bisinger befinden sich 40 Ansichtskarten von Artmann.

Gerald Bisinger wurde für viele österreichische AutorInnen die wichtigste Ansprechperson in Berlin, er stellte Kontakte zum Literarischen Colloquium Berlin her, vermittelte Einladungen zu Lesungen und Kontakte zu Verlagen. Die Korrespondenzen, welche sich im Nachlass Bisingers im Literaturarchiv Wien befinden, geben ein beeindruckendes Zeugnis ab. Neben seiner Herausgebertätigkeit trat Bisinger auch als Autor hervor. Seinen ersten Gedichtband „7 Gedichte zum Vorlesen“ gab Walter Höllerer 1968 im Literarischen Colloquium Berlin heraus.

Bisinger, hin und hergerissen zwischen Berlin und Wien, konnte nach seiner Rückkehr aus Berlin Ende der 80er Jahre in Wien nicht mehr richtig Fuß fassen, es fehlten ihm Kontakte und auch das Einkommen der Berliner Zeit. Er vereinsamte und starb 1999, ein Jahr vor Artmann, in Wien.

 

Sonja Kaar, geboren 1948 in Weiz. Lehramtsstudium für Deutsch und Geschichte, AHS Lehrer. Studium der Literaturwissenschaften in Wien bei Wendelin Schmidt-Dengler, Promotion 1998. Lehrtätigkeit und Kulturorganisation im Bereich Literatur im Kunsthaus Weiz.

Mehrere Publikationen zu H. C. Artmann, u. a.: Donauweibchen, Dracula und Pocahontas. H.C. Artmanns Mythenspiele (gem. mit Kristian Millecker u. Alexandra Millner; 2003), H. C. Artmann: Texte und Materialien zum dramatischen Werk (2004), Beiträge in: Niemand stirbt besser. Theaterleben und Bühnentod im Kabinetttheater (hg. von Alexandra Millner; 2005); Aufbau wozu. Neues zu H. C. Artmann (Hg. v. Marc-Oliver Schuster; 2010), Acht-Punkte-Proklamation des poetischen Actes (hg. Alexandra Millner u. Marc-Oliver Schuster; 2018).